SAP Commerce Cloud – eine Roadmap enthüllt zukünftige Innovationen
Martin Kriegler, SAP-Experte bei uns, hat den aktuellsten Release «SAP Commerce Cloud 2005» und die neue Produkt-Roadmap unter die Lupe genommen. Er gibt in einem Gespräch mit Dirk Nölke einen Einblick, welche spannenden Neuerungen SAP bereit hält.
Die zukünftigen Entwicklungen in der neuen Produkt-Roadmap von SAP Commerce
Mit dem kürzlich erschienenen Release «SAP Commerce Cloud 2005» hat SAP gleichzeitig eine neue Produkt-Roadmap herausgegeben – mit Einblicken in die aktuellen Entwicklungen sowie die zukünftigen Innovationen. Was waren für dich die spannendsten Neuigkeiten?
Martin Kriegler: In erster Linie war ich positiv überrascht, wie transparent SAP in der 270-seitigen Roadmap kommuniziert, auch was auf den ersten Blick negative Neuigkeiten wie zum Beispiel die Abkündigung der Cloud Extension Packs betrifft. Spannend für mich sind die neuen Releasezyklen, der positive Drive im Spartacus-Frontend sowie die neuen Cloud Commerce Services, die im Gesamtkontext schwierig einzuordnen sind, aber eine spannende, Microservice-getriebene Zukunft aufzeigen.
Welche Neuerungen im Kern von SAP Commerce Cloud, ehemals Hybris, sind für dich am wertvollsten?
Aufgrund der agilen und schnellen Weiterentwicklung des Spartacus-Frontends gab es viele Neuerungen an den Omni-Commerce-Connect (OCC) REST Schnittstellen, insbesondere im B2B-Bereich. Hier hat SAP viele vorbereitende Maßnahmen getroffen, um der Entkoppelung des Frontends vom Backend weiterhin Rechnung zu tragen. Viele Funktionalitäten, die aus dem B2B-Accelerator bekannt sind, sind jetzt per APIs nach außen hin verfügbar. Ein weiteres positives Zeichen sehe ich in der Absicht, die Pflege von Klassifikationsattributen zu erweitern. Das Klassifikationssystem hat SAP in den letzten Jahren stiefmütterlich behandelt. Viele Kunden sind daraufhin auf andere PCM- oder PIM-Lösungen umgestiegen. Hier freut es mich, dass SAP in einem ersten Wurf die Darstellung im Backoffice Product Cockpit optimiert und an einer besseren Massenpflege von Attributen arbeitet.
Eine weitere tolle Neuigkeit ist, dass nun B2B- und B2C-Shops parallel über OCC betrieben werden können. Hier waren noch einige Altlasten wie doppelt verwendete Namen der OCC REST-Endpunkte vorhanden, die nun endlich aufgelöst wurden. Einem Parallelbetrieb ohne größere Anpassungen steht somit nichts mehr im Weg.
Was war deine erste Reaktion zur Abkündigung der Cloud Extension Packs und zum neuen, verlängerten Releasezyklus von einem Jahr für das SAP-Commerce-Cloud-Kernprodukt?
Mit den Cloud Extension Packs bot SAP eine schmackhafte Lösung an, um neue Features bereits vorab in der Cloud verfügbar zu machen. Deshalb war ich im ersten Moment negativ überrascht, dass sie nur noch einmal jährlich eine neue Version mit spannenden neuen Funktionen bereitstellen. Waren wir doch alle von quartalsweisen Minor-Änderungen verwöhnt, bleiben uns nur noch regelmäßige Patches, die aber keine neuen Funktionalitäten bringen, sondern nur bereits versprochene Features korrigieren. Wie will man das Hauptprodukt SAP Commerce Cloud auf dem schnelllebigen E-Commerce-Markt aktuell halten, wenn nur einmal im Jahr eine neue Version veröffentlicht und dabei auf monatliche Goodies verzichtet wird?
Fairerweise muss ich erwähnen, dass die Upgrades der SAP Commerce Cloud denen von Android-Updates ähneln: Man hängt oft einige Major-Versionen hinten dran. Je stärker man den Kern der SAP Commerce Cloud angepasst hat, desto aufwändiger ist ein Upgrade. Hier beraten wir unsere Kunden, um diese Lücken zielführend zu minimieren, die Services effizient über eine tragfähige Architektur an das SAP-Commerce-Cloud-System anzubinden sowie die Geschäftslogiken upgradefähig nach den Design Patterns von SAP Commerce zu implementieren.
Die Folgen für die Kundinnen und Kunden von SAP
Ergeben sich Nachteile für die Kunden durch den verlängerten Releasezyklus von einem Jahr? Werden sie Innovationen verpassen?
Auch wenn es im ersten Moment den Anschein macht, dass Neuentwicklungen weniger schnell vorangetrieben werden, so vermute ich dahinter einen Paradigmenwechsel, wie SAP zukünftig neue Features bereitstellen will. Die «Entschlankung» des stark monolithischen Kerns der SAP Commerce Cloud nimmt langsam Fahrt auf. Kontextbezogene Dienste, wie z. B. Personalisierungen auf Basis des Kundenverhaltens lagert SAP nach und nach in die Context-Driven Services aus. Der Accelerator respektive das Frontend wird sowieso in Form von Spartacus ausgelagert. Und nun stellt SAP mit den Core Commerce Services eine echte SaaS-Lösung vor, die weitere Kernfunktionalitäten wie z. B. die Preisfindung und Suche, die wir nur von Hybris kannten, auslagert. Die genannten Lösungen profitieren von Releasezyklen von wenigen Wochen. Wer diese Lösungen und Dienste nutzt, wird sogar schneller von neuen Funktionen und Innovationen profitieren als bisher!
Die neuen Core Commerce Services
Du hast es schon erwähnt, mit den Core Commerce Services erblickt eine bisher unbekannte Komponente das Licht der SAP-Welt. Was genau bieten uns diese neuen Services und welche Einsatzszenarien können wir uns davon erhoffen?
SAP preist die Core Commerce Services als neue SaaS-Lösung mit Commerce-Fähigkeiten an. Dahinter verbergen sich global verfügbare Microservices, die den Funktionsumfang von SAP Commerce Cloud erweitern. Soweit man es bisher nachlesen kann, gibt es bereits einen Omnichannel Promotion Pricing Service sowie einen Search Service mit Basic und Adaptive Search, die sich in einer geschlossenen Beta-Phase befinden. Insgesamt erinnern die Core Commerce Services etwas an das YaaS-Vorhaben von 2014, welches SAP 2018 eingestellt hat. Seinerzeit haben sie den Versuch gestartet, für sich stehende Microservices im Sinne eines offenen Marktplatzes zur Verfügung zu stellen. Nun wird die Idee wiederbelebt, diesmal ohne offenen Marktplatz, dafür in einem reinen SaaS-Modell in der SAP Cloud. Dies bekräftigt das Bestreben, die SAP Commerce Cloud in ihrem Kern zu verkleinern und wichtige Dienste zu entkoppeln, um dabei schnellere Releasezyklen auf einer modernen Architektur möglich zu machen. Inwiefern wir selber Einfluss auf die Microservices werden nehmen können, ist noch nicht bekannt.
Ich hoffe, dass an die Administrationsfähigkeit sowie die Überwachung der Microservices im SaaS-Modell gedacht wird. Es bleibt spannend, ob sich zum Beispiel mit dem Search Service die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden abdecken oder sich die Dienste erweitern lassen. Damit wird die Akzeptanz der Core Commerce Service meines Erachtens steigen oder fallen.
Die Ankündigung, an einem Payment Service, an einem Distributed Order Management Service sowie an einem Content Service zu arbeiten, zeigt meines Erachtens die Ernsthaftigkeit hinter diesen Microservices. Auch bei Spartacus gibt es bereits einen Schalter, um zu entscheiden, ob gewisse Daten klassisch per OCC oder über die neuen Core Commerce Services abgefragt und dargestellt werden sollen.
Welche Daseinsberechtigung hat die SAP Cloud Extension Factory (Projekt kyma) dann überhaupt noch?
Im Gegensatz zu den Commerce Cloud Services ist die SAP Cloud Extension Factory ein cloud-natives Framework auf Basis von Kubernetes, das der Kunde selber betreiben kann. Sie bietet die Möglichkeit, eigene Microservices zu deployen sowie Lambda-Funktionen zu nutzen. Darüber hinaus arbeitet die Extension Factory Event-getrieben, was bei den Commerce Cloud Services nicht der Fall sein muss. SAP weist explizit darauf hin, dass man beide Dienste parallel nutzen kann. Je nach Anwendungsfall macht dies durchaus Sinn, zumal die Commerce Cloud Services noch in den Kinderschuhen stecken.
Viel Drive bei der Weiterentwicklung von Spartacus
Welchen Fokus siehst du in der Spartacus-Weiterentwicklung?
Wie bereits bei den Neuerungen zu «SAP Commerce Cloud 2005» erwähnt, hat SAP in den letzten Wochen und Monaten den Fokus auf die B2B-Funktionalitäten gesetzt. Die bereits per OCC verfügbar gemachten Funktionen wie das Order Replenishment, der B2B-Freigabeprozess, das Reordering sowie die Cancellations & Returns werden nun nach und nach ins moderne Angular-Frontend übernommen. Mit dem Releasezyklus von zwei Wochen dürfen wir uns auf eine schnellere Veröffentlichung freuen, sodass Features wie Merklisten, Quick-Order-Formulare oder das Pick-up in Store ebenso bald in Spartacus Einzug halten werden.
Spannend ist ebenfalls zu sehen, dass neben den B2B-Themen auch Accelerators aus den Bereichen Telco & Utilities, Financial Services, Travel und Citizen Engagement schrittweise Richtung Spartacus migriert werden.
Mir gefällt der Drive! So zum Beispiel:
Das Spartacus-Team aktualisiert regelmäßig Angular.
Im Bereich Accessibility haben sie die Steuerung per Keyboard eingebaut, und sie arbeiten an einem Screenreader.
Das Lazy-Loading der CMS-Komponenten beschleunigt den generellen Aufbau des Spartacus-Storefronts.
Fazit: Weg vom monolithischen Kern hin zu flexiblen Microservices
Welches Fazit ziehst du zum neuen Release und zu den Ausblicken in der Weiterentwicklung der SAP Commerce Cloud?
Mit der neuen Version setzt SAP seine Reise fort, um die große, stark gewachsene und monolithische Plattform Hybris zu verkleinern und Kernfunktionalitäten in kleinere Services in die SAP Cloud auszulagern. Mit den Core Commerce Services hat SAP dem Microservice-Ansatz auch bereits einen Namen gegeben. Deren Evolution werden wir gespannt verfolgen.
Die Weiterentwicklung der darunterliegenden Basis, der Cloud Automation Engine, wird dort fortgeführt, wo sie aufgehört hat:
den Nutzerinnen und Nutzern weitere Self-Service-Tätigkeiten (NAT, VPN) erleichtern;
das Disaster-Recovery auf vier Stunden beschleunigen;
mit Beispiel-Code den Einstieg in die Commerce-Cloud-Umgebung erleichtern;
mit verbessertem Autoscaling, Blue/Green-Deployments und automatisierten Performance-Tests stehen weitere Features am Horizont, die die SAP Cloud für Commerce noch attraktiver machen.
Der Storefront Spartacus ist mit der Version 2.0 ebenfalls erwachsen geworden und läuft dem Accelerator im B2C-Bereich komplett den Rang ab. Weiter werden sukzessive B2B-Funktionalitäten nachgezogen, sodass es keinen validen Grund mehr gibt, den veralteten und stark gekoppelten Accelerator zu nutzen.
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